Streit im Schulwald durch Kompromiss gelöst

Waldhofschüler organisieren den Einschlag von Buchenholz  

Wer hat eigentlich Recht, wenn sich Naturschutz und Forstwirtschaft um den Erhalt alter Buchenwälder streiten?   Sollten alte Buchenwälder nicht mehr genutzt werden, um sich zu Urwäldern von morgen zu entwickeln? Schließlich sind wirklich alte Tieflandsbuchenwälder sehr selten geworden und in der Uckermark befindet sich die größte zusammenhängende Fläche dieser Wälder weltweit.

Gemessen an seiner natürlichen Verbreitung ist dieser Buchenwaldrest mit nur 2.000 ha damit weitaus seltener als die allermeisten tropischen Regenwälder. Und mit ihm viele Tier- und Pflanzenarten, die auf alte und tote Bäume angewiesen sind.  

Oder sollten wirtschaftliche Erwägungen Vorrang haben? Holz kann in diesen Wäldern genutzt werden als ein nachwachsender, umweltfreundlicher Rohstoff. Arbeitsplätze und Einkommen in unserer Region sind eng mit dem Wald und seiner Nutzung verbunden. Mit dem erwirtschafteten Geld könnte die Stadt Templin Vorhaben finanzieren, die allen dienen. Zum Beispiel Kitas und Schulen oder das Kino...

Auch das Schulwaldprojekt der Waldhofschule muss sich selbst finanzieren; die Busfahrten in den Wald müssen bezahlt werden. Und als Kur- und Bäderstadt muss im Templiner Stadt- und Schulwald selbstredend darauf geachtet werden, dass der Wald für Besucher attraktiv bleibt.

Mit dieser Frage beschäftigten sich die fünften und sechsten Klassen der Waldhofschule. Kompromissvorschläge wurden durchdacht. Und es war gar nicht so einfach, eine Lösung zu finden, die allen gerecht wird. "Wir könnten eine Hälfte nutzen und die andere stehen lassen.", so einer der Vorschläge. "Sieht aber nicht gut aus, wenn wir die ganze andere Hälfte absägen" konterten Mitschüler.   Nach einer halben Stunde war es dann soweit: "Der beste Kompromiss wäre, wenn wir die Bäume stehen lassen, die für den Naturschutz wichtig sind, weil sie Höhlen haben oder schon Pilze an ihnen wachsen. Das sind auch die Bäume, die im Sägewerk nicht gerne gesehen werden und nur wenig Geld bringen. Und von den übrigen Bäumen nehmen wir die, die man zur Zeit auf dem Holzmarkt am Besten verkaufen kann. Die anderen lassen wir erstmal weiterwachsen. Dann sieht es auch noch gut aus und wir können immer mal wieder kommen und Holz schlagen, wenn wir wollen."  

Gesagt, getan. Drei Gruppen arbeiteten zugleich an der Umsetzung des Konzeptes im Wald. Die Arbeitsgruppe Technologie schnitt die Fahrwege für den Trecker frei, damit das Holz vom Fällort zum Weg gebracht werden kann. Eine anstrengende Arbeit, bei der Sägen und Scheren zum Einsatz kamen. Forstunternehmer Jens Richter unterstützte sogar einmal vor Ort und hatte seinen Seilschlepper gleich mitgebracht, um zu sehen, ob es passt. Um nicht zu viele Fahrwege anlegen zu müssen, wird zum Rücken in diesem Wald auch das Pferd der Waldhofgärtnerei eingesetzt, das das Holz an die Schneisen heranziehen wird.  

Eine weitere Arbeitsgruppe beschäftigte sich mit der Auswahl und Kennzeichnung der Biotopbäume. Unterstützt wurde sie dabei vom Fledermausexperten Günther Heise und von Forstdienstleister Peter Specht. Viel Wissenswertes konnte dabei vermittelt werden. Woran erkennt man die Höhlen der Wasserfledermäuse oder welcher Specht legt eigentlich die meisten Höhlen an? Welche Pilze sind selten und wer zersetzt totes Holz, bis es wieder zu Erde geworden ist?  

Die Gruppe Holzernte suchte derweil die Bäume heraus, die in diesem Herbst gefällt werden sollen. Die Preise für gerade und dicke Bäume sind zur Zeit zu schlecht, um sie zu verkaufen. Sie verbleiben im Vorratslager Wald und warten auf bessere Zeiten. Die Waldhofschüler waren deshalb sehr geizig bei der Auswahl guten Holzes. Qualitativ schlechtes Holz wie krumme oder sehr ästige Bäume erzielen hingegen Preise, die eine Fällung rechtfertigen.

Aber auch das Umfeld des einzelnen Baumes musste beachtet werden. Stehen schon kleine Bäume in der Nähe, die auf Licht warten? Werden die Löcher im Kronendach nicht zu groß und bieten wir dem Sturm keine Angriffsmöglichkeiten? Oder sind seltenere Baumarten wie Eichen oder Hainbuchen zu fördern? Kann der Baum überhaupt fallen, ohne andere Bäume zu beschädigen?

Günstig ist der Umstand, dass die Buchen in diesem Jahr Früchte tragen und man deshalb mit kostenlosem Nachwuchs rechnen darf. Insgesamt bereiteten die Waldhofschüler in ihrem Wald auf diese Art und Weise etwa 12 ha Buchenwald auf den Einschlag vor. Etwa 700 fm Holz werden dort anfallen, 120 Biotopbäume müssen gekennzeichnet werden (Ein paar fehlen noch!). Sechs zugewachsene Schneisen wurden aufgeschlagen.

Im Anschluss an diese Arbeiten wurden etliche Fischburger, Nudeln und Wildbratwürste im Wald vertilgt und verbrauchte Kräfte erneuert. Der Anschaulichkeit halber konnte Jäger Ronny Hadaschick noch ein frisch erlegtes Reh mitbringen. Und neben der Erkenntnis, dass ein guter Kompromiss ein schwieriges Problem lösen kann gab es noch ein weiteres Ergebnis: Die Klasse 6a der Waldhofschule hat es nicht geschafft, im Tauziehen gegen die 16 Tonnen Doppeltrommelseilwinde von Herrn Richters Seilschlepper zu gewinnen. Was wirklich keine Schande ist.